Als Hanna und Samuel August Ericsson am 14. November 1907 zum zweiten Mal Eltern werden, deutet noch nichts auf eine literarische Karriere ihrer Tochter Astrid Anna Emilia hin. Die Familie lebt auf einem kleinen Hof in der südschwedischen Provinz Kalmar län, Astrid wächst mit ihren Geschwistern Gunnar und Stina auf. Sie verbringen ihre Kindheit viel in der Natur, schließlich ist sie es, wie Lindgren sich erinnert, „[…] die unsere Spiele und Träume hegte und nährte.“ Genau wie der kleine Bauernjunge Michel in Lindgrens späteren Erzählungen, verdienen sich die Ericssonschen Kinder einige Öre mit dem Öffnen und Schließen der umliegenden Gatter, genießen die Fahrten mit dem Pferdegespann und fiebern den Markttagen in Vimmerby entgegen.
Eine Begegnung mit der Tochter des Kuhknechtes von Näs wird für die fünfjährige Astrid zum Schlüsselerlebnis, von dem sie noch mehr als 60 Jahre später erzählt, denn sie „[…] las mir das Märchen vom Riesen Bam-Bam und der Fee Viribunda vor und versetzte meine Kinderseele dadurch in Schwingungen, die bis heute noch nicht ganz abgeklungen sind.“
In der Schule von Vimmerby lernt sie Lesen, Schreiben und Rechnen, wobei Schwedisch ihr bestes Fach ist. Später geht sie auf die Realschule und schließt diese 1923 ab.
Ihre erste Anstellung findet die junge Ericsson ein Jahr später bei der Vimmerby Tidning, für die sie kleinere Artikel verfasst und Korrektur liest.
Das Jahr 1926 bringt schließlich einschneidende berufliche und private Veränderungen für die Schwedin: Sie gibt ihre Arbeit bei der Zeitung auf, zieht in die Hauptstadt Stockholm, um dort eine Sekretärinnenschule zu besuchen und bringt im Dezember ihr erstes Kind Lars zur Welt, der fortan in einer Pflegefamilie in Dänemark untergebracht ist.
1928 beginnt Astrid für den königlichen Automobilclub zu arbeiten und lernt dort Sture Lindgren kennen. Drei Jahre später heiraten die Sekretärin und der Bürovorsteher: Astrid Lindgren, wie sie nun heißt, wird Hausfrau und kümmert sich jetzt selbst um Sohn Lars.
1934 wird Lindgren zum zweiten Mal Mutter und sieben Jahre später liefert der kindliche Wunsch von Tochter Karin, die ihre Mutter auffordert: „Erzähl mir was von Pippi Langstrumpf“, die Vorlage für die wohl bekannteste lindgrensche Figur.
Zunächst sind die Erzählungen vom sommersprossigen Mädchen noch ein Privileg für Karin und ihre Freundinnen. Erst 1944, als eine Fußverletzung die gelernte Sekretärin vorübergehend zur Bettruhe zwingt, beginnt sie „aus Zeitvertreib“, wie sie später erzählen wird, die Geschichten rund um die Kapitänstochter aufzuschreiben und schickt ein Manuskript an den Bonnier-Verlag, versehen mit der Beteuerung, Pippi sei ein Einzelfall, „[…] der normalen Kindern kein Vorbild sein kann.“ Bis zur Veröffentlichung vergeht ein weiteres Jahr, in dem Lindgren die „Ur-Pippi“ stark überarbeitet, denn die ursprüngliche Form wagt (trotz der Unbedenklichkeitsproklamation der Autorin) niemand zu drucken.
1945, das Erscheinungsjahr des ersten Pippi-Bandes, markiert schließlich den Anfang einer weit reichenden Erfolgswelle, die sowohl hinsichtlich der geographischen Verbreitung des Buches als auch der Auflagen- und Verkaufszahlen enorme Dimensionen annimmt. Immerhin erscheint „Pippi Langstrumpf“ bis zum Jahrtausendwechsel in 57 Sprachen; keine andere Erzählung Astrid Lindgrens wird häufiger übersetzt. Allein die deutsche Ausgabe, 1949 erstmals im Oetinger Verlag publiziert, wird in wenigen Wochen mehr als dreitausend Mal verkauft.
In jedem nun folgenden Jahrzehnt erscheint mindestens ein weiteres Buch aus der Feder Astrid Lindgrens. So schreibt sie, neben ihrer Tätigkeit in der Kinderbuchabteilung bei Rabén & Sjögren, über die Kinder aus Bullerbü, erschafft die Figur des kleinen Mannes „in seinen besten Jahren“, besser bekannt als „Karlsson vom Dach“, und lässt sich von ihrem Enkel Karl Johan zu „Michel aus Lönneberga“ inspirieren, der, wie Lindgren selbst einmal anmerkt, „[…] nicht mehr zu bändigen“ sei.
1970 beendet Lindgren ihre Verlagstätigkeit und widmet sich fortan nur noch der Autorentätigkeit, die ihre Gedanken in das wundersame Nangijala der Brüder Löwenherz führt, sie aber auch um gesellschaftspolitische Themen wie beispielsweise eine geplante Gesetzesänderung, die nahezu absurd anmutende Spitzensteuersätze vorsieht, kreisen lässt, woraufhin sie „Pomperipossa in Monismanien“ verfasst. Ein weiteres Mal ist Katthult der Schauplatz einer lindgrenschen Erzählung, wobei es nun Klein-Ida ist, die „auch mal Unfug machen wollte“, und - zum Donnerdrummel noch mal - gleich zweimal in einem Jahrzehnt erscheinen Räubergeschichten von Astrid Lindgren, die jedoch, sei es nun „Ronja Räubertochter“ oder „Der Räuber Assar Bubbla“, beide friedlich enden.
Im Alter von 90 Jahren wird Astrid Lindgren als beliebteste Schwedin des Jahrhunderts geehrt, vier Jahre später, am 28. Januar 2002, verstirbt sie und findet schließlich in Vimmerby ihre letzte Ruhe.
1907 |
Astrid Anna Emilia Ericsson kommt in Smaland zur Welt |
1926 |
Geburt des Sohnes Lars, Umzug nach Stockholm |
1931 |
Hochzeit mit Sture Lindgren |
1933 |
Lindgren veröffentlicht erstmals Weihnachtsgeschichten in Stockholms Tidningen |
1934 |
Geburt der Tochter Karin |
1941 |
Zum ersten Mal fällt in der Familie Lindgren der Name Pippi Langstrumpf |
1944 |
Beginn der literarischen Karriere Lindgrens als Kinderbuchautorin
Erste Auszeichnung für ihr Werk „Britt-Mari erleichtert ihr Herz“
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1945 |
Pippi Langstrumpf wird in Schweden veröffentlicht und mit dem ersten Preis des Kinderbuchwettbewerbes von Rabén & Sjögren prämiert |
1947 |
Lindgren wird die Verantwortung für die Kinderbuchabteilung bei Rabén & Sjögren übertragen |
1949 |
Der erste Teil der Pippi Langstrumpf Trilogie erscheint in Deutschland |
1954 |
Mio, mein Mio |
1960 |
Madita |
1963 |
Michel in der Suppenschüssel |
1970 |
Astrid Lindgren gibt ihre Verlagstätigkeit auf |
1973 |
Die Brüder Löwenherz |
1983 |
Ronja Räubertochter |
2002 |
Am 28. Januar stirbt Astrid Lindgren im Alter von 94 Jahren. |